2.2 Kriegsende und Revolution

“Die lange Dauer des Krieges und die immer schlechter werdende Versorgungslage führten erstmals 1917 zu ernsten Unruhen unter der Bevölkerung. Relativ stark war in Düsseldorf schon vor dem Krieg die Zahl der in den freien Gewerkschaften organisierten Arbeiter gewesen. Viele von ihnen fühlten sich stark zum radikalen Flügel der Sozialdemokraten hingezogen, aus dem später die kommunistische Partei erwuchs. Im Juni 1917 kam es mehrfach zu Lebensmittelkrawallen, in deren Verlauf Läden gestürmt und geplündert wurden. Zur Niederschlagung der Unruhen wurde der Belagerungszustand verhängt und auch Militär, darunter Teile der auf der Golzheimer Heide stationierten Luftschiffertruppen, eingesetzt.” [219]
Der eigentliche Revolutionsmonat, der November 1918, verläuft in Düsseldorf im Vergleich zu vielen anderen Städten relativ ruhig. Die Stadtverwaltung zieht allerdings zu Beginn des Monats November in Erwägung, die Polizei mit Maschinenpistolen auszurüsten, um gegebenenfalls gegen meuternde Soldaten vorzugehen. Die Weisung aus der Reichshauptstadt Berlin bleibt jedoch letztendlich aus.
“Es bildete sich ein Arbeiter- und Soldatenrat, der sich aber anfangs nur wenig bemerkbar machte, obwohl bereits am 10. November Karl Liebknecht im überfüllten Apollo-Theater eine Rede an Arbeiter und Soldaten hielt .”[220]
Viele DüsseldorferInnen sind zu jener Zeit mit der Unterbringung und Versorgung der von der Front zurückkehrenden Soldaten sowie der Räumung des linken Rheinufers - ein Teil der Waffenstillstandsvereinbarung mit den Alliierten - beschäftigt. Am 4. Dezember 1918 wird dann das linksrheinische Ufer ohne Zwischenfälle an die belgischen Truppen übergeben. [221]
Um der Anordnung zur Demilitarisierung des rechten Rheinufers formell Folge zu leisten, nennt sich der Arbeiter- und Soldatenrat kurzerhand in Arbeiterrat um. Das von ihm aufgestellte 600 Mann starke ‘Sicherheitsregiment’ wird in eine Polizeitruppe umgewandelt und in Polizeiuniformen gesteckt. Dies führt nicht nur zu dauernden Verwechslungen, sondern - bedingt durch die Soldzahlungen - auch zu höheren Ausgaben der Stadtkasse. Die Verwaltung reagiert mit Preiserhöhungen für Gas, Wasser und Strom, die daraufhin der Arbeiterrat wieder verbietet. Die Spannungen wachsen von Tag zu Tag. [222]
Im Januar 1919 versuchen die SeparatistInnen, die Revolution nach russischem Vorbild voranzutreiben. Nach der Befreiung von 170 Gefangenen aus dem Gefängnis ‘Ulmer Höh’ besetzen sie am 8. Januar 1919 den Hauptbahnhof, das Telegraphen- und das Fernsprechamt sowie das Polizeipräsidium. Einige konservative Politiker und hohe Verwaltungsbeamte flüchten nach Oberkassel - auf die von alliierten Truppen besetzte Rheinseite.
Am 10. Januar 1919 erklären die SpartakistInnen den bis dahin regierenden Oberbürgermeister Oehler für abgesetzt und proklamieren statt dessen einen Mann aus den eigenen Reihen, Schmittchen, für dieses Amt. Daraufhin kommt es zu blutigen Zusammenstößen zwischen SpartakistInnen und städtischen Beamten, der MSPD und christlichen Gewerkschaften - vermutlich 13 Menschen werden auf einer Demonstration erschossen. [223]
Um die SpartakistInnen zu entwaffnen, schickt die Reichsregierung am 28. Februar 1919 Truppen des reaktionären Freicorps Lichtschlag nach Düsseldorf. Bis in den April hinein kommt es immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Freicorps und SpartakistInnen . “Besonders heftig wurde am 13. April 1919 in Oberbilk gekämpft, das vom Hauptbahnhof aus mit Artillerieunterstützung förmlich erobert werden mußte .”[224] Nach der Entmachtung der Räte und der blutigen Niederschlagung des Spartakistenaufstandes wird es wieder ‘ruhiger’ in der Stadt.

[225]


[219] Weidenhaupt, H., Kleine Geschichte der Stadt Düsseldorf, S. 153.
[220] Ebenda, S. 154.
[221] Einrichtung von Verwaltungsgebäuden in den linksrheinischen Düsseldorfer Stadtteilen. vgl. Ebenda, S. 154.
[222] Vgl. Ebenda, S. 154.
[223] Und zwar vermutlich vom ‘Sicherheitsregiment des revolutionären Vollzugsrates’. Die Angaben über diese Ereignisse sind jedoch widersprüchlich. - vgl. Pädagogisches Institut Düsseldorf, Dokumente der Stadtgeschichte Bd. 2, S. 38 ff.
[224] Weidenhaupt, H., Kleine Geschichte der Stadt Düsseldorf, S. 155.
[225] Alle Zahlen in: Weidenhaupt, H., Düsseldorf-Geschichte, Band 3.


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