3.3 Wohnen statt IHZ

Schon seit 1989 regt sich - vor allem in den Stadtteilen Oberbilk und Flingern - Widerstand gegen eine der gigantischsten Büroplanungen Düsseldorfs. Innerhalb eines halben Jahres bilden sich drei Initiativen gegen das IHZ:

  1. Die im Sommer 1989 gegründete ‘Initiative gegen das IHZ’ ist ein Zusammenschluß aus AntiimperialistInnen, Autonomen, Mitgliedern der durch den Abriß vertriebenen Initiativen ‘Rosa Mond’ und ‘Hexenkessel’ sowie Unabhängigen. [1513]
  2. Der ‘Arbeitskreis Alternativplanung gegen das IHZ-Gelände’, der aus sechs Personen besteht und im Dezember 1989 gegründet wird.
  3. Die ‘BürgerInneninitiative Wohnen statt IHZ’, die aus AnwohnerInnen besteht, denen es hauptsächlich um den Bestand ihrer Wohnungen geht (seit Mai 1990). [1514]

“Obwohl die drei Initiativen verschiedene Ansätze und Interessen verfolgten, kooperierten sie miteinander, führten zwei gemeinsame Veranstaltungen durch und mobilisierten zur BürgerInnenanhörung im April 1990 400 Personen .”[1515]
Seit dem 12. Januar 1990 trifft sich die Initiative gegen das IHZ alle zwei Wochen in den Räumen des Auxiliums auf der Kölner Straße, in unmittelbarer Nähe zum riesigen IHZ-Areal. Ursprünglich sind hier “301.000 qm Bürofläche (...) geplant, als Krönung ein 140 m hoher Büroturm als Geschenk für den neuen Baudezernenten Küppers, der für das Frankfurter ‘Mainhattan’ verantwortlich ist .”[1516] Die Initiative prognostiziert schwerwiegende Veränderungen für die Wohn- und Sozialstruktur in Oberbilk - vor allem durch Abriß von relativ preiswertem Wohnraum und der Vertreibung der geringverdienenden Bevölkerung durch erwartete Mieterhöhungen als Folge des Zuzugs besserverdienender Angestellter. Bis zum September 1990 sind bereits die Häuser der Initiativen Hexenkessel und des Café Rosa, zusammen mit Häusern an der Werdener Straße, abgerissen worden. Weitere “199 preiswerte Altbauwohnungen an der Kölner Straße und Eintrachtstraße [1517] sollen folgen.
Die ‘Initiative gegen das IHZ’ macht mit verschiedenen Aktionen in der Öffentlichkeit auf sich aufmerksam. So entsteht am 6. Juli 1990 eine Wandzeitung am Bauzaun, der das IHZ-Gelände umgibt. Wer will, soll dort seinen Protest und Argumente gegen das IHZ veröffentlichen . “Jeder und Jede soll lesen können ...was die Presse nicht druckt ...wogegen die Beamten und Politiker der Stadt die Ohren verschließen ”.[1518]
Der ‘Arbeitskreis’ veröffentlicht im September 1990 eine zwölfseitige Alternativplanung für das Areal, die nicht am Bau von Büroraum, sondern an preiswertem, gemeinschaftlichem und ökologischem Wohnen orientiert ist. Eckpunkte sind

Eine solche Struktur ermögliche die bessere Integration von alten oder behinderten Menschen in das Gemeinschaftsleben. Auch die Bereitstellung von Wohnungen für Wohngemeinschaften und für Obdachlose ist fester Bestandteil der Alternativplanungen.
Um das alternative Planungskonzept vorzustellen, besetzt der ‘Arbeitskreis Alternativplanung’ zusammen mit anderen Düsseldorfer Initiativen - trotz Verbot durch Verwaltungsgerichtsbeschluß - im Oktober 1990 das Baugelände für einen Tag.
Danach ist der Höhepunkt der Aktivitäten allerdings überschritten. Zuerst löst sich die ‘BürgerInneninitiative Wohnen statt IHZ’ auf, “da von der Stadt versprochen wurde, einen Teil der Altbauwohnungen vorläufig zu erhalten .”[1520] AnwohnerInnen wird bei Auszug aus ihren Wohnungen eine Prämie von 10.000 DM versprochen, und für einige Häuser wird eine ‘Schonfrist’ von 10 Jahren eingeräumt. Auch dem ‘Arbeitskreis’ und der ‘Initiative gegen das IHZ’ geht kurze Zeit später die Luft aus: Beide Gruppen lösen sich nach und nach auf. Dem Arbeitskreis “fehlten klare Vorstellungen darüber, wie nach der Veröffentlichung mit dem Konzept der Alternativplanung weitergearbeitet werden sollte .”[1521]


[1513] Daß ein Teil der Initiativenmitglieder aus dem linksradikalen Spektrum stammt, u.a. aus der nur wenige hundert Meter vom IHZ-Gelände entfernten Kiefernstraße, findet auch in der Sprache einiger Publikationen seinen Ausdruck : “wir brauchen innerhalb des wohngebiets selbstbestimmte lebensräume und kulturzentren (...) wir wollen die stadtplanung nicht länger denen überlassen, die nicht nach den bedürfnissen der menschen, sondern nach den interessen des kapitals planen! ”, Flugblatt ‘Wohnen ist ein Menschenrecht’, 1/90.
[1514] Vgl. RP, 7.5.90. Auf einer Veranstaltung wird Baudezernent Hans Küppers von anwesenden OberbilkerInnen “regelrecht niedergeschrieen (...). [Er] hatte Mühe, ‘den Bedarf an Büroflächen zu begründen. Die Oberbilker wünschten ihn nach Frankfurt zurück und das gesamte Projekt in eine Kiesgrube nach Angermund. ‘Was gehen uns die Platzprobleme der Banker an. Nicht Beton für Yuppies, sondern preiswerter Wohnraum muß her’, forderten sie.”
[1515] Proschinski, U., Wahlers, J., Grundzüge der Stadtplanung, S. 69.
[1516] IHZ alternativ, 9/90, S. 2.
[1517] Ebenda, S. 2.
[1518] Flugblatt ‘Riesen-Wand-Zeitung’, 6/90.
[1519] IHZ alternativ, 9/90, S. 3.
[1520] Proschinski, U., Wahlers, J., Grundzüge der Stadtplanung, S. 69.
[1521] Ebenda, S. 69.


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